Teil 4 Und dann auch noch ADHS
UND DANN AUCH NOCH ADHS
17. Dezember 2019
Informationen über ADHS im Erwachsenenalter auf gemeinsam-adhs-begegnen.de
engl.: ADHD
Bereits in der ersten Psychotherapie Sitzung gingen wir das Thema ADS (Aufmerksamkeit-Defizit-Syndrom) bei mir an.
Ein wenig geahnt hatte ich es schon immer. Sorgen machte mir aber eigentlich nur die Tatsache, dass Mittel, die mich entspannen und beruhigen sollten stattdessen aufputschten. Diese paradoxe Reaktion auf Medikamente ist ein weiteres Indiz dafür, dass meine Nerven im Gehirn nicht so ganz richtig funktionieren.
Bei meiner Augen Laser OP habe ich das erste Mal gedacht, dass etwas ganz falsch ist. Ich saß mit zwei weiteren Frauen in der Schleuse kurz vor der OP, wir bekamen alle eine Tablette um die Nerven zu beruhigen. Während die beiden Frauen meinten sie fühlten sich auf einmal gut und viel ruhiger klopfte mir das Herz bis zum Hals.
Jetzt haben wir es amtlich, dass bei mir da oben nicht alles richtig läuft. Überrascht hat das jetzt echt keinen. Jetzt kann ich sagen:
I am not Insane, I had me tested 😉
Eine Sitzung später konnte man auch noch die Hyperaktivität hinzufügen.
Als unser erster Sohn im Kleinkind Alter war habe ich aus Neugier mal kurz in das Thema reingelesen. Ich hatte nie eine Sekunde daran gedacht, dass er es haben könnte. Interessanterweise hatte ich mich selbst aber im Artikel wieder erkannt.
Es sind nicht immer nur die ewige Zappelphilippe, auch sehr ruhige eingekehrte Kinder können darunter leiden.
Wobei es bei mir in den jüngeren Jahren weniger ein Leiden war. Ich habe mich einfach sehr auf das Malen und Zeichnen von Mangas verschossen und habe mich tagelang in Romane vertiefen können. Das ginge heute immer noch, wenn ich die Gelegenheit bekäme. Schlimm wurde es in der Schule, Ausbildung und Beruf. Ich konnte mich nur schwer konzentrieren, habe immer nur vor mich hin geträumt und oft mit halben Ohr zugehört. Dass ich eine gute Durchschnittsschülerin war habe ich meinen Schulkameraden zu verdanken, die mir ihre Hausaufgaben zum abschreiben gaben und der eine oder andere hatte eine Engelsgeduld dabei mir vieles zu erklären.
Heute noch sind Vorträge für mich eine Qual. Sitzen, einem für mich weniger Interessanten Thema zuhören, merken UND verstehen überfordert mich maßlos.
Ich wusste immer, dass etwas bei mir nicht normal läuft. Alle anderen um mich herum benahmen sich erwachsen, gingen ihren Pflichten nach. Ich lenkte mich immer selbst von der Arbeit ab. Die Selbständigkeit war für mich die beste Entscheidung, ich hatte endlich Spaß an der Arbeit in die ich mich vertiefen konnte.
Das allein spricht natürlich noch nicht für eine ADHS, das ist natürlich normal, dass man Pflichten weniger gern macht als schöne Dinge.
Aber ich habe mich innerlich für alles sehr gequält. Hätte man es bei mir schon als Kind diagnostiziert wäre es auch nicht einfacher geworden. Es aber zu wissen hat meine Gefühlswelt ein klein wenig stabilisiert. Ich weiß jetzt warum ich oft überzogen reagiere. Unangemessen Euphorisch bin oder von Null auf 180 komme in Situationen wo andere einfach mal kurz durchatmen.
Die Psychotherapie soll mir helfen zu lernen meine eigenen, mich im Teufelskreis verstrickenden Muster zu erkennen und in andere Bahnen zu lenken.
Leider ist es mit der Diagnose ADHS und Fibromylagie nicht getan. Es gibt noch viele Themen aufzuarbeiten, die dafür sorgten, dass ich auf Begebenheiten so reagiere wie ich es tue. Wenn alle meine Baustellen begutachtet wurden können wir uns endlich an die Lösung des Problems machen. Ich hab auch gedacht, dass es schneller geht. 5 Sitzungen später habe ich mich wieder an zu viel erinnert und zu viel gefühlt. Verdrängt wurde lange genug. Raus lassen war jetzt aber auch nicht schön. Aber davon aufgefressen werden lasse ich nicht mehr zu.
Wenn meine Therapeutin nicht so gut wäre hätte ich dem längst den Rücken zugekehrt. Ich muss mich wirklich bei den Menschen bedanken, die mich regelrecht dazu gedrängt haben. Es tut unwahrscheinlich gut sich selbst zu verstehen. Der Kopf wird freier und das ist schon mal ein guter Weg Ruhe zu finden um der Fibromyalgie entgegen zu wirken oder besser mit ihr zu arbeiten.
Anmerkung: November 2024
Ich war ein Jahr in Therapie und habe sehr viel gelernt und auch umsetzen können. Ein neuer Mensch bin ich bei weitem nicht. Aber verständnisvoller mir selbst und anderen gegenüber.
Vor allem sehe ich so viele Dinge aus meiner Kindheit klar für das man mir (und ich letztendlich auch) mir die Schuld gab. Ich konnte viel "Schuld" und "Last" abwerfen, weil man einem unverstandenen Kind alles in die Schuhe schob.
Und es ist nicht meine Aufgabe das Verhalten damaliger Erwachsener zu entschuldigen. Man hätte sich entscheiden können für mich da zu sein.
Diese Erkenntnis hilft sehr dabei sich nicht alles aufzuladen was so im Leben und Alltag passiert oder passiert war. Das ist für die Fibromyalgie sehr hilfreich, da ich ich diesen Stress von mir schieben und es somit die Schmerzen nicht weiter nähren kann.